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Archiv Rock und Revolte

Die "Berlin Szene" im Spiegel des BLICKPUNKT

 
Skiffle-Skiffle-Skiffle
Die Delta-Skiffle-Group
von Jürgen Frohner
 

„Rock’n Roll ist tot, es lebe Skiffle!“ Die Fans aller Länder sind sich einig. Und die Waschbretter sind überallausverkauft.

„Skiffle wird so lange nicht untergehen, wie jeder Unmusikalische mitsingen kann, ohne aufzufallen“, sagte ich nach einer Pause schöpferischen Nachdenkens zu dem Kindertrompetensolobläser und bezahlte dieses beinahe mit meiner Gesundheit. Man darf auch Skiffler nicht ungestraft beleidigen. Und so gaben sie mir ein Konzert.

Es war in der Schöneberger Wohnung, in der sie regelmäßig proben. Die Nachbarn tragen sich schon mit irren Blicken, sie haben eben kein bisschen Kunstverstand. Aber das kann eine „Delta-Skiffle-Group“ nicht entmutigen. Man spielt ja nicht fürs Volk, es macht sogar Spaß, wenn keiner zuhört. Außer den Nachbarn. Aber vor Schlägen schützen Wände, und die Klingel ist abgestellt.

Man fand sich am 10. Oktober 1957 – also vor genau einem Jahr – zusammen und gehört heute schon zur „Amateur-Prominenz“. 

Kleine Vorstellung der Akteure? Alsdann, in Stichworten zuvorderst die Dame Hanna Wegener, 22 Jahre, genannt „Diva“, Gründe nicht ersichtlich, studiert und will im nächsten Sommer ihr Staatsexamen als Lehrerin machen. Singt und spielt Gitarre. Sonntags Harfe.

Bernd Aschenborn, „Spinne“ ist 18 Jahre alt und Maschinenschlosser. Er bedient den Baß. Modell Aschenborn. Klangkörper ist übrigens Mutters ehemalige Kohlenkiste, in der ein abgebrochener Paddelboot-Mast steckt. Hausmusik im Eigenbau.

Hein Stephan ist ebenfalls achtzehn und geht noch zur Schule. Er „zupft“ Banjo, Ursprungsort Zillemarkt, legt dabei den Kopf schief und sieht verzückt wie ein Künstler aus.

Der Dekorateur Bernhard Zeriadke, 18, heißt unter Freunden nur „Männlein“. Er ist die Waschfreu, bildlich gesprochen und spielt auch noch Mundharmonika, aber nicht beides auf einmal. Sein waschbrett bekam er von einer wohlgelungenen jungen Dame mit Photo (von der Dame) und rosa Schleifchen am Waschbrett als Anerkennung für künstlerische Leistungen.

„Sprinter“ Norbert Baum,18, Lithograph, sieht aus wie Armstrong, wenn er soverän das Trompetenmundstück mit dem Emailletrichter ansetzt. Besonderes Kennzeichen: Gummihosenträger ersetzen nach Norberts Überzeugung das Jackett. 

Chef und Gründer ist der 19jährige Michael Paritschke, genannt „Micky“, Industriekaufmann. Er spielt Gitarre, bläst gleichzeitig auf der „Kindertäte“ und hat prächtige Eltern. Denn die sind Wohnungsinhaber, keineswegs schwerhörig und finden das Ganze trotzdem herrlich.

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