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Archiv Rock und Revolte
Zur Geschichte der Jugendzentren in Westberlin & der BRD 1971-1973

 
Schriftliche Zusammenfassung  der gleichnamigen ARD-TV-Dokumentation von Schretzmeier, Metzger, Kiwus und Bilzens aus dem Jahr 1971, erstellt von den Autoren der Sendung                         

Hervorhebungen von uns

JOUR FIX III ARD, 6.8.1971

"Rote Steine" im Jugend- und LehrlingsZentrum Berlin-Kreuzberg.

Das Lehrlingstheater "Rote Steine" spielt vor Lehrlingen ein Theaterstück über die Notwendigkeit von Solidarität der Lehrlinge untereinander. An einem konkreten Konflikt am Arbeitsplatz wird demonstriert, daß gemeinsame Forderungen durchgesetzt werden können. Lehrlinge können streiken, wenn sie sich einig sind.

Die "Roten Steine" haben Lehrlinge als Publikum. Ihre Basis ist das Jugendzentrum. Dort kommen Schüler und Lehrlinge in ihrer Freizeit zusammen, diskutieren, versuchen ihre Probleme zu erkennen und an ihrer Lösung zu arbeiten. Das Spiel der "Roten Steine" hilft ihnen, ihre Situation zu erkennen und unterstützt den Willen, sie zu verändern.

Wir haben erst angefangen, wir werden weitermachen

Jour Fix III für Schüler, Lehrlinge und junge Arbeiter.

Jour Fix III will mit zwei Beispielen zeigen, daß die Notwendigkeit der unabhängigen Lehrlings- und Jugendzentren immer stärker wird, da speziell für Lehrlinge kaum ausreichende Informationsstellen existieren. Die konventionellen Stellen wie staatliche Berufsberatung und Werkunterricht sind vollkommen ungenügende Hilfen für die Entlaßschüler. Jour Fix will die Diskussion über Jugendzentren auch auf die Einrichtung von Lehrlingszentren übertragen, da 80 % der gesamten Jugendlichen im Produktionsprozess stehen.

Jour Fix I und Jour Fix II zeigten deutlich, daß die Notwendigkeit von unabhängigen Treffpunkten immer mehr erkannt wird. In vielen Fällen sind aber Entlaßschüler, wie in unserem ersten Beispiel gezeigt, kaum an den Arbeitskreisen beteiligt. Sie werden allein gelassen, ergreifen einen Beruf, den sie nur scheinbar selbst ausgesucht haben. Sie werden in der Schule und später im Betrieb nur notdürftig über ihre Rechte am Arbeitsplatz informiert. Daß speziell ihre Interessen in einem Zentrum vertreten werden, zeigt die Tatsache, daß immer mehr Jugend- und Lehrlingszentren berichten, Schüler der Abschlußklassen kämen, um Rat zu holen. Wir besuchten die neunte Klasse der Münchner Hauptschule an der Ichostrasse:

Zitate von Schülern:

"polytechnischer Unterricht würde ich ganz toll finden, weil man sich da besser auf den Beruf einstellen kann, man hat menrere Ansichten, und den Beruf, der einem am besten gefällt kann man nehmen. Man hat eine gewisse Einsicht in den Beruf, wenn man aus der Schule kommt."

Auf den Berufsausbildungsplan angesprochen, sagten die meisten Schüler, ihnen sei bis jetzt ein derartiger Plan nicht vorgelegt worden.

"Die Berufsberatung war ein bißchen zu spät, die ist erst in der letzten Hälfte des Schuljahres gekommen, und da haben viele schon einen Beruf gehabt. Wir lebten andere Vorstellungen von einem Berufsberater. Aber der hat nur Sachen erzählt, die viel zu spät gekommen sind. Er war letztes «Jahr schon mal da, aber da hat er nur über die Gliederung der Berufe geredet." "Der Berufberater hat nur ganz bestimmte Berufe gesagt...... weil die jetzt Mangelware sind."

"Mir ist es etwas seltsam vorgekommen, daß er nur Berufe in der Großindustrie vorgeschlagen hat, z. B. auf handwerkliche Berufe ist er nur ganz selten eingegangen. Nur Werkzeugmacher und Feinmechaniker und solche Berufe hat er einem geraten. Wenn man nicht selbst schon wußte, was man werden will, hat er eigentlich nur das vorgeschlagen"

Wie verhalten sich die Eltern zur Berufswahl? ;

"Mein Vater hat gesagt, wenn du nichts wirst, bringe ich dich in ein Heim."

Ein Mädchen:

"Die Eltern wollen schon, daß man was anständiges lernt! Sie sagen, geh so lange zur Schule bis du es kannst, sie unterstützen mich in jeder Richtung."

Welchen Beruf lernst du?

"Kürschner. Bekannte von mir sind Kürschner, mein Onkel der war Kürschner, das hat mir immer gefallen, der hat zu Hause gearbeitet."

Frage: Glaubst du an die Zukunft dieses Berufes?

"Ja, ich kann später Pelzmäntel herstellen, auf Modezeichner umlernen, selbständig werden!"

Ein Mädchen:

"Ich werde Apothekenhelferin. Da muß ich Tee zusammenmischen, und ab und zu auf die Post gehen...... also der ist recht vielseitig, dieser Beruf. Einen Berufsausbildungsplan habe ich nicht vorgelegt bekommen. Ich bin durch die Berufsberatung auf diesen Beruf gekommen, sonst wäre ich Retuscheurin geworden."

Ein anderes Mädchen:

"Ich werde jetzt Arzthelferin. Ich bin durch meine Mutter auf diesen Beruf gekommen. Sie ist Verkäuferin, und die Kundschaft war die F'rau von dem Doktor, und der hat gemeint, er braucht jetzt eine Arzthelferin. Wenn ich anfangen wollte, könnte ich mir das mal anschauen. In den Serien habe ich dann dort gearbeitet, das hat mir gut gefallen. Mir ist nur oberflächlich gesagt worden, was ich alles machen muß. Ich habe dann gemacht, was man mir gezeigt hat...... so Bestrahlungen und Post weggetragen."

Und:

"Ich werde Sekretärin in eine? Anwaltskanzlei. Der Beruf ist sehr vielseitig. Ausbildungsplan habe ich keinen vorgelegt bekommen. Ich kann dann auf eine Versicherung gehen, oder auf eine Bank. Man kann viel anfangen damit, hat mir der Hechtsanwalt gesagt.

Und:

Wenn eine Frau keinen Beruf erlernt hat, und - nehmen wir an, der Mann verläßt sie, dann steht sie womöglich mit zwei Kindern da. Sie kann sich nicht mehr ernähren, das ist ja.... und Putzen und so, das ist ja auch nicht das richtige. Ein anständiger Beruf, der ist wichtig heutzutage.

Rhetorik-Unterricht bei MAN.

Zitat: "Lehrlinge sind wie der Wein! Es gibt gute und schlechte Jahrgänge" Dr. EDRICH, MAN-Geschäftsleitung.

Das Beispiel der Schulklasse macht deutlich, daß Lehrlingszentren gebraucht werden, da die Schüler nirgends Unterstützung finden. Sie werden aus der Schule entlassen und gehen dann in die Betriebe; z. B. in die Großindustrie, wie unser nächstes Beispiel zeigt. War die Berufswahl schon zufällig, werden die jungen Leute bereits im ersten Lehrjahr durch sogenannte "Lebenshilfe" geformt. Der MAN-Konzern bildet seine Lehrlinge in einer vorbildlichen Lehrwerkstatt aus. Die Ausbildung verläuft exakt nach einem Plan, der von den Bedürfnissen des Betriebes ausgeht. MAN ist in der Lage, seine Lehrlinge so auszubilden, daß sie nach Beendigung der Lehrzeit mühelos in den Betrieb integriert werden können. Als sozial-therapeutische Maßnahme hat der Konzern einen Spieler engagiert, der den Lehrlingen im ersten Lehrjahr Rhetorik beibringen soll. Nach dem Motto "der gute T'on macht die Musik", wird den Lehrlingen Sprachunterricht erteilt, um sie freier und selbstsicherer zu machen. Sie lernen, Worte richtig auszusprechen, aber nicht, sie richtig zu gebrauchen. Es werden ihnen Formeln vorgesetzt und beigebrachit, die von ihren Problemen ablenken, aber sie nicht klären helfen.

Dazu die Ausbildungsleiterin, Frau Dr. Winter:

"Wir haben das erste Lehrjahr zum Sprechunterricht genommen, um hauptsächlich gehemmte oder verklemmte junge Leute etwas aufzulockern unu ihnen auch in der körperlichen Entwicklung durch die Atemübung eine Stütze zu geben. Anfangs haben sie es als Spiel aufgefaßt, und gar nicht ernst genommen, aber mit der Zeit sind sie doch dahinter gekommen, daß es ihnen nützt. Auch die gewerblichen Lehrlinge tun jetzt fleißig mit, und da sind besonders in dem Alter zwischen 14 und 16 Jahren die körperlichen Mängel manchmal gerade durch die Arbeit auch mitbedingt, so daß im Wachstum eine Vollatmung, erzwungen durch die Sprechübung, außerordentlich wichtig ist. Es wird ihnen nicht gesagt, wie sie anatomisch richtig atmen sollen, sondern die werden einfach gezwungen, durch die dynamischen Sprechübungen solange durchs Zwerchfell einzuatmen, da kommt das ganz von selber."

Dr. Edrich von der Betriebsleitung:

"Wir haben mit voller Absicht nicht nur die Kaufleute mit hereingenommen, sondern gerade, und mit besonderem Gewicht, die technischen Lehrlinge. Denn es ist ja so: aus diesen Leuten rekrutiert sich ja unser Führungsnachwuchs für den Betrieb draußen in der Fabrik. Und das sind die Leute, die in ein oder mehreren Jahren eine ganze Gruppe von Facharbeitern zu führen haben, wenn sie mal Gruppenführer oder Meister sind, und die Führungsaufgabe ist doch im wesentlichen eine Personalführungsaufgabe. Und für die Führungsarbeit ist eben ein Gespräch mit den Leuten notwendig und dadurch überhaupt erst ermöglicht."

Der Schauspieler H.W. Kühn zu den Lehrlingen:

"Das Wort Selbstbeherrschung ist ein wesentlicher Bestandteil der Persönlichkeit."

"Wonnewannewinnewonne....ning nang nong."

"Die abblätternde Rinde der breitblättrigen Linde."

"Für diese Übung wollen wir mal einen guten Mann nehmen."

"Im Geschäftsbereich ist es wichtig, Selbstbeherrschung zu haben, man muß sich in der Gewalt haben."

Realität: Lehrlingszentrum Reutlingen:

"Ich kann eine Szene aus unserem Betrieb schildern, wie sich der Lehrling dadrin fühlt, Da stehn zehn Drehbänke hintereinander an denen man den ganzen Tag dreht. Dann geht der eine zum anderen vor und spricht mit dem eine Weile. Da kommt der Ausbilder raus und zeigt zur Türe und sagt: Da drüben ist die T'üre, wenn's Euch nicht paßt, dann könnt ihr ja gehen. Also ich kann mir nicht vorstellen, daß ich mich an solch einem Arbeitsplatz wohlfühlen kann."

Der Schauspieler H.W.Kühn zu Lehrlingen bei MAN:

"Freunde, wenn ihr diskutiert heutzutage, sei es politisch, sei es konfessionell, ich möchte euch eins sagen: schreien ist meistens ein Unsinn. Man soll ruhige Töne auch in einer Diskussion werfen können. Seine eigene Persönlichkeit entfalten können. Es ist nicht nur die Demonstration der Brüllerei, sondern es sind auch die leisen Töne, die eine Demokratie ausmachen."

Hotzenplotz

Hey Boß, ich hab' da mal ne Frage
ich glaub da liegt ein Irrtum vor
ich bin doch hier als Lehrling
aber Brötchenholen ist kein Beruf
den Mercedes waschen soll der, der mit ihm rumfährt
den Hof zusammenfegen, der, dem er gehurt.

Ich hab mit Faulheit nichts im Sinn,
ich will hier ausgebildet werden und nicht ausgenutzt
daß Lehrlinge billige Arbeitskräfte sind,
der heiße Tip ist weit verbreitet.
Was heißt hier Lehrlingsrente, wenn das so ist,
ist das für mich Lohn, und hundertachtzig Mark
Lohn im Monat, na hör mal ist ein Hohn.

Hey Boß ich hab da mal ne Frage
ich glaub das muß man richtig sehen;
für meinen Beruf gibt's einen Lehrplan,
ich hab den hier noch nicht gesehen.
Seit einem Jahr spring ich ein, helf ich aus
dabei kann ich nichts lernen, da arbeite ich produktiv.

Ich hab mit Faulheit nichts im Sinn...

Hey Boß ich möchte da ne Antwort
nur fragen, glaub ich, bringt nicht viel
die Firma soll Lehrlinge ausbilden
und nicht durch sie vollbezahlte Arbeitskräfte
einsparen. Mit Sauberkeit, Willigkeit, Gehorsam
Disziplin, willst du aus mir einen dummen Lohnempfänger machen,
der dankbar nimmt, was du ihm gibst.

Mit billigem Arbeiter liegt da nichts drin
ich will hier ausgebildet werden
und nicht ausgenutzt
Daß wir nicht länger eure Schuhabfeger sind,
die Aktion ist vorbereitet.
Was heißt hier Schnauze halten, wenn das so ist,
heißt das für uns Kampf', trotz der neuen Berufsbildungsgesetze,
Ausbildung in Deutschland ist Krampf.

Hey Leute, ich hab da mal ne Frage
ich glaub die geht uns alle an
wie lange wollen wir diesen Zustand noch ertragen
den Leistungsdruck, die Unterdrückung, die Wehrlosigkeit
allein kannste da gar nichts machen, nur wenn wir viele
sind können wir unsere Interessen und Forderungen durchsetzen,
wir müssen noch mehr werden,
dann stehen wir nicht allein,
wir müssen uns klar werden über uns selbst, was wir wolln.

Mit billigem Arbeiter liegt da nichts drin......

BRUCHSAL: Gründung eines Jugendzentrums

Wie überall, hat auch hier die Gruppe Schwierigkeiten geeignete Räume zu finden. Viele gescheiterte Aktionen oder von oben gebremste Aktivitäten zeigen, wie wichtig die Raumsituation ist, um unabhängig und effektiv arbeiten zu können. Die Gruppe umfaßt etwa 15 aktive, Alter 15 bis 22 Jahre.

Auszug aus einer Sitzung der Initiativgruppe, ein Flugblatt wird verlesen:

"Ausbeutung statt Ausbildung: so sieht es leider in der deutschen Berufsausbildung aus. Lehrlinge werden als billige Arbeitskräfte betrachtet. Ausbildung wird klein geschrieben und das Profitinteresse der Unternehmer bestimmt das Bild unserer Ausbildung. Doch soll es immer so bleiben? - Wein. Das haben die Unternehmer bisher nur deshalb praktizieren können, weil wir Lehrlinge uns nicht dagegen wehren. Wenn wir uns zusammentun, können wir die Unternehmer zwingen, uns so zu behandeln wie es uns zusteht. Die Unternehmer sind auf unsere billige Arbeitskraft angewiesen - doch nur gemeinsam sind wir stark. Wir müssen zusammen Möglichkeiten erarbeiten, mit denen wir die Unternehmer zwingen können, uns eine bessere Ausbildung zu geben."

Über eine geplante Informationsveranstaltung des Lehrlings- und Jugendzentrums:

"Diese Veranstaltung muß so geplant werden, dass die Voraussetzungen gegeben sind, Jeden einzelnen aus der Reserve zu locken, daß jeder den Mut hat zu sagen: ich arbeite bei der und der Firma, und das was der Kollege gerade gesagt hat, genau das ist mir passiert. In den seltensten Fällen werden doch die Probleme von den Betroffenen selbst vorgebracht; sie aus der Reserve zu locken, das ist unsere Absicht!"

und:

"Einige von uns, die gerade eine Lehre gemacht haben, oder gerade in der Ausbildung sind, sollen kurze, praktische Beispiele aus ihrer Ausbildung bringen, wir hoffen, daß die Leute anhand der Beispiele aus der Praxis sehen, aha, nicht nur mir ist es so ergangen, sondern den anderen auch. Vielleicht fangen sie dadurch an, selbst zu reden!"

"Die legalen Mittel, die Probleme innerhalb des Betriebes zu losen, sind auch für einen Jugendvertreter sehr beschränkt, wenn er nicht den gesamten Betriebrat hinter sich hat. Das kann nur geändert werden, evtl. durch die Bildung eines Lehrlingszentrums. Man muß zuerst mal aus dem Betrieb raus, die Probleme in einer Gruppe außerhalb des Betriebs diskutieren und dann, wenn die Gruppe gefestigt ist, wieder rein gehen in den Betrieb, mit Flugblattaktionen und Pressearbeit und dadurch den Unternehmer zwingen, die Maske vom Gesicht zu nehmen, und zugeben, wie Ausbildung wirklich aussieht."

Die vorhandenen Räume für Versammlungen oder eine kontinuierliche Arbeit stehen auch in Bruchsal nur den etablierten Vereinigungen zur Verfügung. Alle Gruppen, die eine sogenannte "abwegige Meinung" haben, bekommen Schwierigkeiten.

"Eine unserer Forderungen ist ein offenes Haus, in das alle Gruppen rein Können. Unser Problem sind die unorganisierten Jugendlichen, die organisierten haben es wesentlich leichter. Aber gerade Leute, die noch unorganisiert mal irgendwo reingucken wollen und sich informieren wollen, für die müssen wir sorgen, die brauchen ein offenes Haus.

Was taten die Jugendlichen, bis jetzt?

Sie gehen an den Brunnen und sitzen auf der Mauer, Die Leute regen sich auf. Dann heißt es Gammler, Nichtstuer, schaffen, KZ. Dann kommt das Jugendamt "ihr- gefährdet das Ansehen der Stadt Bruchsal" und schon stehen sie in der Liste drin. Das ist schon ein paarmal passiert."

Ein Sprecher der Initiativgruppe bei einer Veranstaltung zu Lehrlingen:

"Die Probleme, die euch betreffen, die müßt ihr selber lösen.... das wäre eine Möglichkeit im Lehrlingszentrum. Für die größeren Betriebe sollten JugendvertrauensleuteKörper gebildet werden. Für die Klein- und Mittelbetriebe: rein ins Lehrlingszentrum. Es ist ein langwieriger Kampf, aber wir müssen es machen."

gliche Praxis eines Lehrlingszentrums:

Raumsituation klären, zusammen mit Kollegen ein Jugendzentrum aufbauen!
Gewerkschaftsinformationen für Lehrlinge.
Flugblätter, Fragebogenaktionen, Lehrlingszeitung, Seminare, Veranstaltungen.

Das Arbeitsministerium von Baden-Württemberg hat in einer umfassenden Befragung von Lehrlingen neben anderen Mängeln in der Berufsausbildung, festgestellt: Über 50 % aller Lehrlinge in Baden-Württemberg arbeiten täglich länger als die gesetzlich vorgeschriebene Arbeitszeit von 8 Stunden

Freitag; 20 Uhr; Kreuzberger Lehrlingszentrum

Berliner Lehrlinge und Schüler besetzten vor etwa vier Wochen leerstehende Fabrikräume in einen Kreuzberger Hinterhof. Da bereits konkrete Pläne über die inhaltliche Form des Jugendzentrums vorlagen, konnte sofort mit der praktischen Arbeit begonnen werden. Der erste Schritt war die Einrichtung einer Lehrlingsetage. Es ist geplant, Arbeitsplätze und Arbeitsmaterial zur Verfügung zu stellen, damit die Lehrlinge die Berufspraxis, die ihnen in ihrem Betrieb oft nicht vermittelt wird in Eigeninitiative nachholen können.

"Man muß erst mal einen Ausgangspunkt schaffen, um mit den Leuten reden zu können, damit man Erfahrungen austauschen kann, uenn jeder hat ja andere Schwierigkeiten im Betrieb und zu hause. Und man muß unbedingt einen Kaum haben, wo man sich treffen kann, wo man reden kann. Wo man sagen kann, Leute hört mal zu, wir haben da einen Kaum, ein Jugendzentrum, wir setzen uns mal zusammen. Wir können unsere Probleme darlegen und besprechen und dann überlegen wir uns, was können wir dagegen unternehmen. Das ist unbedingt wichtig, daß ein Raum oder ein Haus zur Verfügung steht."

Leute werden zu Hause unterdrückt, die werden im Betrieb unterdrückt , die haben ja Angst, was zu unternehmen. Man muß sich organisieren, man muß die Lehrlinge zusammenbringen, auch die Schüler, damit die von vornherein wissen, was kann ich unternehmen, wenn ich unterdrückt werde. Die Schwierigkeit, die Lehrlinge zusammenzukriegen, werden einfacher, wenn man einen Raum nat , wo die Lehrlinge hinkommen können"

Samstag 10.00 UHr

Etwa vier Wochen vorher waren 76 Mitglieder des Jugendzentrums nach der Besetzung des Hauses fest worden, obwohl dafür keine Begründung angegeben werden konnte. Auf Vermittlung des Bezirksamtes mußte die Polizei die Inhaftierten wieder freilassen. Das ist kein Einzelfall. Die Arbeit vieler Gruppen in Berlin wird durch die ständige Belästigung durch die Polizei stark behindert. Dadurch entsteht ein gereiztes Klima zwischen der Ordnungsmacht und den Jugendlichen.

Das Aufnahmeteam wurde Zeuge eines solchen massiven Polizeieinsatzes. An einem lächerlichen Vorfall, Türken spielten auf einem städtischen Rasen in der Nähe des Jugendzentrums Fußball und folgten nicht den Anweisungen einer Polizeistreife, wurde die hysterische Angst der Ordnungsmacht, die Kontrolle zu verlieren deutlich. Paramilitärisch organisiert waren innerhalb von zehn Minuten eine Hundertschaft von Bereitschaftspolizisten vor dem Jugendzentrum aufmarschiert, obwohl niemand den genauen Anlaß dieses massiven Einsatzes kannte. Die Jugendlichen jedenfalls zeigten sich der Situation voll gewachsen. Sie solidarisierten sich sofort mit den Betroffenen und bauten eine Barrikade, um den Abtransport der Verhafteten zu verhindern.

Auszug aus einer Diskussion im Jugendzentrum Kreuzberg:

"Bei mir war das so wie bei den meisten, ich bin früher in das Jugendheim vom Senat gegangen, da wurde uns nur die Möglichkeit geboten, Tischtennis zu spielen und Beat zu hören. Alles, was wir von uns aus machen wollten, wurde unterbunden. Alles wurde uns nur vorgeschrieben. Man hatte sich passiv zu verhalten; Eigeninitiative ging über Horizont der Jugendheime hinaus. Das ist nur hier im Lehrlings- und Jugendzentrum möglich. "

"Das Problem ist, daß Jugendliche immer unter einem Druck stehen zu Hause, im Beruf, in der Schule, und die Jugendheime haben keine echten Alternativen geboten."

Es folgt eine längere Diskussion über die glichkeiten und Aufgaben eines Jugendzentrums. Vorrangig scheint eine sinnvolle Berufsberatung, die Alternativen zur staatlichen Berufsberatung bietet und von den Bedürfnissen der Jugendlichen und nicht von denen der Industrie ausgeht. Wir erinnern an die Aussagen der Entlaßschüler der Münchner Hauptschule .

"Eine der wichtigsten Aufgaben eines LZ ist, die Isolation zwischen den Jugendlichen aufzuheben. Daß sich immer nur ein paar .beute kennen, und daß man dem andern gleichgültig gegenüber steht, daß gerade das aufgenoben wird. Man sieht das immer wieder, daß Jugendliche wohl dieselben Interessen haben, aber sich dem andern überhaupt nicht vermitteln können, in keiner Weise. Hier sehe ich eine Möglichkeit, daß es tatsächlich gemacht wird, man weiß, man hat Leute, mit denen man sich ofen aussprechen kann, du fühlst dich gleich viel wohler. Das ist eine echte Aufgabe des Jugendzentrums. Hier können wir es machen."

"Hier kann der Lehrlingskampf geführt werden, Hier kann ganz konkrete Lehrlingsarbeit geleistet werden, hier können Taktiken entwickelt werden und dann im Anschluß daran natürlich auch politische Schulung."

Ton, Steine, Scherben
1 Berlin 31 Weimarische Str. 16

Allein macnen sie dich ein,
schmeißen sie dich raus,
lachen sie dich aus,
und wenn du was dagegen machst,
sperrn sie dich in den nächsten Knast
und alles was du da noch sagen kannst, ist
das ist aber ein ganz schöner Hammer, he Mann
zu zwein, zu drein, zu viern
wird auch nichts anderes passiern
sie werden ihre Knüppel holen
und uns ganz schön das Kreuz versohlen
und alles....

zu hundert oder tausend, kriegen sie langsam Ohrensausen
sie werden sagen das ist nicht viel
aber tausend sind auch kein Pappenstiel
und was nicht ist, das kann noch werden,
wir können uns ganz schnell vermehren.
In den Land, in dem wir wohnen
sind aber zig Millionen.
Wenn wir uns erst mal einig sind
weht, glaub ich, ein ganz anderer Wind
dann werden sie nicht mehr lachen
sondern sich auf die Socken machen
auf die Bahamas oder ins Tessin
der Teufel weiß am besten wohin
und du weißt, das wird passieren
wenn wir uns organisieren.

Weitere Adressen und Kontakte,
sowie Manuskripte bei

Reaktion Jour-fix
Südd. Rundfunk
7000 Stuttgart, Postfach 837

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