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TREND ONLINEZEITUNG
Archiv Rock und Revolte

Das Schöneberger Jungarbeiter und Schülerzentrum (SJSZ)
Materialien aus der Gründungszeit 1972
 


Wiederinbesitznahme & Faschingsparty
Januar / Februar 1972

Nachdem auf Druck der Jugendlichen die wenigen Mängel im Flamingo Club schnell behoben worden waren, war das Kollektiv erst mal wieder in den Räumen drin. Es fanden dann noch die weiteren geplanten Veranstaltungen des Januarprogramms statt.

Auf einer Veranstaltung diskutierten einige Arbeiterjugendliche mit einem Vertreter der Gewerkschaft, der ihnen jedoch als Schutz gegen Ausbeutung und Unterdrückung nur den Hinweis auf die Wahrnehmung ihrer Rechte und die Anstrengung von Prozessen gegen einzelne Unternehmer gab.

Zu einer Veranstaltung mit den "Roten Steinen", einem Kreuzberger Lehrlingstheater, kamen wieder sehr viele Arbeiterjugendliche. Zuerst gab es Schwierigkeiten, weil einige Besucher lieber tanzen wollten, als sich "Theater" anzuschauen. Die Roten Steine begannen dann trotzdem ihr Stück.

Autorenkollektiv
Jungarbeiter- und Schülerzentren in West-Berlin, Ffm 1973

Als sie jedoch die Situation der Arbeiterjugendlichen in Familie und Betrieb und deren Schwierigkeiten und Probleme darstellten, hörten mit einem Mal auch die Jugendlichen zu, die zuvor noch gegen Theater waren. Mit den Darstellungen der Roten Steine war für sie eine Identifikationsmöglichkeit gegeben und darüber hinaus zeigten die Genossen auch, daß man sich gegen Ausbeutung und Unterdrückung erfolgreich wehren kann. Nach dem Stück forderten die Roten Steine dazu auf, daß andere Lehrlinge über ihre Situation erzählten. Die Gespräche kamen zwar sehr langsam zustande, aber das Kollektiv bekam auch Kontakt zu etlichen anderen Arbeiterjugendlichen.

Doch zu einer gut vorbereiteten Durchführung des Programms - wie es vorgesehen war - kam es nicht, da die Auseinandersetzungen mit dem Bezirksamt viel Zeit kosteten. Ein Filmabend klappte z.B. nur nicht, weil organisatorisch etwas schief lief. Es wurde aber trotzdem mit den Jugendlichen, die zur Veranstaltung gekommen waren, über die Panne gesprochen und dann gemeinsam die Verbesserungsvorschlage für die nächste Kollektivsitzung überlegt.

Auf einer Sitzung des Schöneberger Jugendwohlfahrtsausschusses (JWA) Anfang Februar brachte das Kollektiv seine nach wie vor bestehenden Forderungen nach eigenen Schlüsseln, eigener Bestimmung der Öffnungszeiten,die Entbindung des Heimleiters von der verwaltungsmäßigen Verantwortung, vor. Obwohl für Besucher kein Rederecht besteht, wurde der JWA gezwungen, fast 2 Stunden mit den Jugendlichen über die 3 Forderungen zu diskutieren. Auch sonst war diese Aktion erfolgreich: der JWA beschloß, daß bis zur nächsten Sitzung im März die Ergebnisse eines Gespräches zwischen Jugendstadtrat Schmidt (SPD) und dem Kollektiv vorliegen müssen.

Jungarbeiter- und Schülerzentren in West-Berlin, Ffm 1973, S. 28f

 

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